gustav langenscheidt – *21. oktober 1832 – verehre ich als wörterbücher-fan besonders.
die liebe zu sprachen war dem berliner nicht in die wiege gelegt. sein vater war dekorateur und der sohn eines klempners, seine mutter die tochter eines halsbinden-fabrikants. fremdsprachen wurden an den schulen, die seiner klasse offen standen, nicht gelehrt, privatunterricht konnte sich eine familie wie seine nicht leisten und nachdem er nach einer kaufmannslehre mit 19 jahren auf eine anderthalbjährige wanderschaft durch halb europa gegangen war, schrieb er in london frustriert in sein tagebuch: „es ist ein wahrhaft peinliches gefühl, unter menschen nicht mensch sein und seine gedanken austauschen zu können“.
zurück in berlin wurde gustav berufsunteroffizier und beschloss zunächst französisch zu lernen, damals die wichtigste europäische sprache. die existierenden trockenen lehrmaterialien gefielen ihm aber nicht und es ging ihm alles nicht schnell genug. langenscheidt freundete sich mit dem französischen sprachlehrer charles toussaint an und entwickelte mit ihm zusammen ein eigenes konzept zum selbststudium für jedermann/frau.
bei der „methode toussaint-langenscheidt“ stand nicht mehr die grammatik im vordergrund, sondern das aktive sprachtraining, die tägliche wiederholung des gelernten. und die beiden tüftler hatten sich für die korrekte aussprache der wörter eine neue lautschrift ausgedacht. der musikalische langenscheidt, der nebenbei auch komponierte, hatte die notenschrift als basis dafür genommen und diese lautschrift war so gut und leicht verständlich, dass sie dann über hundert lahre lang bis zur einführung der heute üblichen internationalen lautschrift verwendet wurde.
1856, nach vier jahren arbeit, war das pilotprojekt, die 246-seitigen „unterrichtsbriefe zur erlernung der französischen sprache“, fertig. langenscheidt wollte sie als lose blattsammlung nach und nach herausbringen, damit jeder sie sich leisten konnte, aber kein verlag wollte sie drucken. also gründete der selfmademan noch im gleichen jahr einen eigenen verlag. und sein sprachbrief, der erste fernstudienbrief der welt, wurde zum verkaufshit, auch weil man seinen wissensstand zuhause mit schablonen und tests selbst überprüfen konnten. auch die einbände seiner briefe und bücher fielen ins auge. das firmenlogo bestand aus einer weltkugel, über der drei miteinander verbundene hände schwebten, die für die völkerverständigung zwischen deutschland, frankreich und england standen, da drunter ein spruchband mit seinem motto „ohn‘ fleiß kein preis“ und ein großes „L« für langenscheidt (seit dem 100. geburtstag des verlages ein blaues „L« auf gelben grund).
langenscheidts lernbriefe wurden mit der erfindung der dampfmaschine verglichen und als „triumph des menschlichen scharfsinns“ bezeichnet, und ihr schöpfer als „vater des fernunterrichts“. bald legte er ausgaben für englisch, latein, alt-griechisch, italienisch und spanisch nach. sie alle, seit 1867 in einem eigenen druckhaus produziert, verkauften sich millionenfach und machten, nach dem er sich auch an wörterbücher gewagt hatte, den langenscheidt-verlag zum größten wörterbuchverlag der welt.
die akribische redaktion seines mammut-werkes „enzyklopädisches großwörterbuch französisch“ dauerte 17 jahre, so dass es von 1869 an in mehreren teilen erschien. sein anschließendes großwörterbuch englisch – über dessen abschluss der 1874 zum professor ehrenhalber ernannte gustav langenscheidt 1895 hinweg starb – brauchte gar 32 jahre. sein sohn und nachfolger carl georg gab die endgültige fassung 1901 heraus und erfand 1903 die berühmten preiswerten handlichen „taschenwörterbücher“, die zum größten erfolg des verlags wurden.
bei langenscheidt in berlin erschienen übrigens auch die ersten sechs bände des „vollständigen wörterbuchs des alten und modernen hebräisch“ (thesaurus totius hebraitatis) von eliezer ben-jehuda, dem vater des modernen hebräisch und 1923 als 14. und letzter unterrichtsbrief ein studienbrief für hebräisch.

