ich hatte ja erziehungsbedingt immer leichte gewissensbisse wegen einer meiner lieblingsspeisen: ungarischer salami. jetzt weiß ich, wer die erfunden hat, und sage mir: ach komm, schneid dir noch ein scheibchen ab – zu ehren von márk pick!
ihren wohl berühmteste export-schlager hat ungarn ihm zu verdanken, einem juden aus szeged, der den gewinn aus seinen absolut trejfen würsten im übrigen dazu verwendet hat, in seinem heimatort den bau der zweitgrößten synagoge des landes zu finanzieren.
laut mancher quellen war pick ein italienischer metzger. aber nee, war er nicht. márk pick wurde 1843 in szeged, zwei autostunden südlich von budapest, geboren und war der sohn von mór (moritz) pick aus dem serbischen novi sad und nanette anna kopitel aus dem ungarischen makó. er hatte sieben geschwister, heiratete katalin weisz und bekam mir ihr vier kinder.
pick betätigte sich als getriedehändler und gründete ein warenhaus. der laden lief gut, aber um die leerlaufzeit zu nutzen, eröffnete er eine pfeffermühle und bald darauf einen pfeffer- und paprika-laden. pick reiste außerdem durch italien und lernte dort die salamiherstellung kennen. er kam, so heißt es, mit 40 italienischen wurstmachern nach szeged zurück und machte sich an die arbeit… das war 1863, aber als geburtsjahr der ungarischen salami gilt 1869, das jahr, in dem pick die lizenz zu ihrer herstellung erhielt.
die bedingungen waren ideal. zum einen führte die hohe maisproduktion im ungarn dieser zeit zum aufstieg der schweinezucht, und die mangalica-schweine bot einen guten rohstoff für die salamiproduktion. hinzu kam die paprika-kultur in szeged und die dauerhaft kühle luft am fluss theiß, die die würste gut reifen ließ. anfangs ließ pick pferdedärme zum umschließen der wurstmasse (die nicht aus eselsfleisch bestand, wie hier und da behauptet wird) verwenden, später wurden diese durch zellulose ersetzt. besonders an der pick-salami waren und sind die (geheimen) kräuter und gewürze und die schimmelschicht, die während des trocknungs- und reifungsprozesses auf die därme aufgetragen und sorgfältig überwacht und abgebürstet wird und dass das fleisch nicht zerhäckselt, sondern in kleine stücke von der größe eines reiskorns geschnitten und kalt geräuchert wird.
1885 hatte pick bereits eine trocknungs- und räucheranlage in betrieb, baute eine neue fabrik im stadtzentrum und produzierte 300 tonnen salami im jahr. lange freude hatte der firmengründer allerdings nicht an seinem erfolg, er fiel 1892 mit 50 jahren vor seinem haus um (herzinfarkt). seine witwe katalin führte das geschäft weiter, bis ihr sohn jenő 1906 das unternehmen übernahm. jenő baute das geschäft zu seinem legendären status auf. pick-salami wurde zu einer weltmarke, die u.a. auf der millenniumsausstellung 1896 und der weltausstellung 1900 in paris ausgezeichnet wurde. 1939 war pick bereits der zweitgrößte lebensmittelverarbeitungsbetrieb in ganz ungarn und exportierte 80 prozent seiner produktion ins ausland.
als die nazis 1944 in ungarn einfielen, floh jenő pick nach budapest und überlebte den krieg unter dem schutz der schwedischen botschaft. 1948 kehrte er nach szeged zurück, aber die kommunisten hatten sein unternehmen verstaatlicht (und machten bei der chronischen devisenknappheit des landes gute geschäfte mit picks salami); jenő wurde verhaftet, interniert und deportiert. 1953 konnte er in seine heimat zurückkehren und verbrachte den rest seines lebens in budapest, unterstützt von seinen im ausland lebenden kindern.
heute hat pick-salami außer ihrem namen nichts mehr mit der familie pick zu tun (der letzte nachkomme, thomas, lebt 97-jährig in den usa), genauso wenig wie die zweite berühmte ungarische salami, herz-salami, die 1882 ebenfalls ein jude, ármin (hermann) herz, kreiert hat oder der kräuterlikör „unicum“, der dritte ungarische verkaufsschlager, den zur etwa selben zeit der hofarzt dr. józsef zwack (geborener levi) zusammengebraut hat, um die verdauungsprobleme der österreichisch-ungarischen königsfamilie zu lindern.

