artemisia gentileschi * 8. juli 1593 – die wohl bedeutendste malerin des barock war über jahrhunderte vergessen
das älteste kind des malers orazio gentileschi war zugleich das talentierteste. von ihrem vater in seiner werkstatt ausgebildet, schuf sie bereits mit 17 ein eindrückliches gemälde „susanna und die alten“, auf dem sich die junge frau aus der biblischen daniel-geschichte dem übergriff zwei alter dorfrichter zu entziehen versucht.
die erfahrung sexueller gewalt musste sie bald selbst machen. 1611 wurde die 17jährige von agostino tassi, einem kollegen ihres vaters vergewaltigt. mit dem falschen versprechen sie zu heiraten, nötigte tassi sie zu einem weiteren verhältnis mit ihm und sie ging darauf ein, um ihre (!) ehre zu retten. als tassi jedoch keine anstalten machte, sie zu heiraten, verklagte orazio gentileschi seinen ex-kollegen. in dem folgenden demütigenden, über sieben monate dauernden prozess wurde artemisias version angezweifelt, sie wurde mehrfach vor zeugen vernommen und
gefoltert. bis tassi gestand, unter anderem auch, dass er bereits verheiratet war. er wurde zur verbannung verurteilt, das urteil aber nicht vollstreckt. auch wenn es ihrem vater gelang, sie unmittelbar danach mit dem minderbegabten maler pierantonio stiattesi zu verheiraten, war ihr ruf auf dauer beschädigt.
die beiden verließen rom und zogen nach florenz, wo artemisia fünf kinder bekam (von denen vier früh starben), vom hof aufträge erhielt und mit ihren bildern schnell zu bekanntheit gelangte. 1615 wurde sie als erste frau überhaupt in die akademie der zeichenkünste aufgenommen. sie arbeitete u.a. für die de’medicis, wurde als frau aber schlecht bezahlt. in einem brief an einen ihrer mäzene, don antonio ruffo, beklagt sie sich: „es war demütigend zu hören, dass du von dem ohnehin schon niedrigen preis, um den ich gebeten habe, ein drittel abziehen willst.“ und in einem anderen brief: „und jetzt werde ich deiner hocherlauchten lordschaft zeigen, wozu eine frau imstande ist!“
artemisia gentileschi malte „judith enthauptet holofernes“, eine „diana im bade“, einen „herkules“ etc. genug finanzielle mittel hatte sie, vor allem dank der untätigkeit ihres gatten trotzdem nicht. 1620 wurde ihr haushalt in florenz gepfändet und sie zog nach rom. aufträge für normalerweise gut bezahlte altarbilder bekam sie aber auch hier nicht und musste sich mit porträts prominenter und mit biblischen helden begnügen. unterstützung bekam sie vom spanischen botschafter und späteren vizekönig von neapel, fernando afán de ribera, der bilder kaufte und für sie „netzwerkte“ und von cassiano dal pozzo, dem sekretär des kardinals francesco barberini, der ein passionierter kunstsammler war.
um 1626 zog artemisia weiter, nun nach venedig (offenbar ohne den nichtsnutzigen gatten), wo sie u.a. dank der kontakte, die sie nun hatte, aufträge von philip IV. von spanien bekam. dann kam die pest nach venedig und sie wich nach neapel aus, wo sie zusammen mit anderen künstlern an gemäldezyklen arbeitete, aber offenbar weiter am hungertuch nagte, wie überlieferte briefe von ihr vermuten lassen, in denen sie um unterstützung bittet.
1638 fuhr artemisia nach london, um ihrem vater bei der vollendung der deckenbilder im heutigen marlborough house zu helfen. nachdem der vater im jahr darauf gestorben war, kehrte sie nach neapel zurück. über ihre letzten jahre dort weiß man nicht viel. von 1649 gibt es einen brief, in dem sie schreibt, dass sie bankrott sei und von 1654 eine letzte aufzeichnung, dass sie steuern in neapel gezahlt hat. es wird angenommen, dass sie bald danach gestorben ist.
artemisia gentileschis bilder erinnern an caravaggio, aber betonen immer die stärke von frauen. von den ihr zugeschriebenen werken stellen zwei drittel frauen dar: maria magdalena, katharina, esther, judith usw.
gut, dass sie heute wieder den platz in der (kunst)geschichte einnimmt, der ihr gebührt.


