Die Stiftungen der Hofjuweliersfamilie Ephraim 

„…Die Erinnerung, daß der Mensch zuletzt am Ende wandeln muß, und daß ihm sodann seine irdischen Güther nicht nachfolgen weder ferner nützen können, solle billig einen jeden Rechtschaffenen auffordern, zum Nutzen seiner Seele, ein Theil seines Vermögens zu einer milden Stiftung anzuwenden, damit ihm ein solches gute Werk, einst vorschreiten und den Weg zur Seeligkeit bahnnen möge…“ schreibt Ephraim Veitel in der Einleitung seines Testaments vom 6.Februar 1799

Jeder in Berlin kennt das Ephraim-Palais in Mitte. Weniger bekannt ist der Hofjuwelier und Münzpächter Ephraim Veitel Heine selbst (1703–1775), einer der »Hofjuden« Friedrichs des Großen, der zusammen mit seinen Söhnen eine Reihe von Stiftungen zugunsten jüdischer und christlicher Jugendlicher einrichtete und 1774 in Berlin in der Spandauer Straße 76 die »Veitel Heine Ephraimsche Lehranstalt« als Bet-Midrasch eröffnete, aus der eine »wissenschaftliche Schule« hervorging, an der bekannte Gelehrte ihrer Zeit wie Leopold Zunz, Abraham Geiger und Moritz Steinschneider unterrichteten oder studierten. Sie war die Vorläuferin und Wegbereiterin der 1870 gegründeten Berliner Hochschule für die Wissenschaft des Judentums.  
Teile der verschollen geglaubten Bibliothek dieser Ephraimschen Lehranstalt, die bis in die späten 1920er Jahre existierte, wurden vor einigen Jahren in den Niederlanden zum Kauf angeboten. Dank der Bemühungen des Judaisten Professor Karl E. Grözinger und erheblicher Fördermittel konnte die Bibliothek an die Universität Potsdam geholt werden. Grözinger und Mitautoren haben sich auch die Arbeit gemacht, die bewegte Geschichte der Ephraimschen Stiftungen und der Lehranstalt zu rekonstruieren und sie dem Vergessen zu entreißen.  
Die Berliner Stiftungen der preußischen Hofjuweliersfamilie Ephraim reichen bis 1774 zurück. Sie entstanden in den Tagen von Friedrich II., zur Zeit des Aufklärers Moses Mendelssohn und in den Jahren danach. Vier Stiftungen, die von Veitel Heine Ephraim selbst, die seiner beiden Söhne, Ephraim Veitel Ephraim (1729–1803) und Zacharias Veitel Ephraim (1736–1779), die beide auch gute Beziehungen zu Moses Mendelssohn pflegten, und schließlich die Stiftung des Sohnes von Zacharias, Heyman Zacharias Veitel Ephraim (1760–1799), und ihre Geschichte sind Zeugnisse für religiös begründete Wohltätigkeit im großen Stil. Sie geben Einblick in die sich verändernden Rechts-, Wirtschafts- und Sozialverhältnisse der letzten 250 Jahre, sie zeigen, wie jüdische Bildung und Wissenschaft im 19. Jahrhundert Schritt für Schritt aus der traditionellen Talmudgelehrsamkeit in die Moderne geführt wurden und welche wichtige Rolle dabei das jüdische Stiftungswesen gespielt hat. 
Die Stiftung des ältesten Sohnes des Familiengründers, die »Ephraim Veitel Stiftung«, ist die einzige, die bis in die Gegenwart überlebt hat, allerdings lange verborgen in »arisierter« Gestalt. Erst im Laufe der Recherche stellte sich heraus, dass die Bonner »Stiftung von 1803« ursprünglich die »Ephraim Veitel Stiftung von 1803« war. Seit 2001 trägt sie wieder ihren vollen Namen.  
Angefangen hatte alles mit dem Testament Ephraim Veitel Ephraims, der 1799 »33 333 Reichstaler und 8 Groschen Preuß. Courant für eine wohltätige Stiftung« einsetzte und unter anderem einen Teil des Ertrags für soziale Zwecke und einen Teil für die von seinem Vater gegründete Schule festlegte. Die erwähnte Bibliothek dieses Bet Hamidrasch war als einzige jüdische Bibliothek für den Publikumsverkehr offen. Sie war spezialisiert auf talmudische Werke auf Hebräisch und Bücher zur Kabbala und zu jüdischen Riten, später auch ergänzt um Werke der Aufklärungsliteratur. In der holländischen Sammlung von Yehuda Aschkenasi, die sich jetzt in Potsdam befindet, haben sich 71 Bände erhalten.  
Die Stiftung jedenfalls erfüllte bis Anfang der 1930er-Jahre ihren Zweck, nämlich Sozialfälle und »junge Leute, die jüdische Theologie studieren« zu unterstützen. Mit dem Nationalsozialismus verschwanden sukzessive die jüdischen Namen aus den Vorstandsprotokollen und Unterstütztenlisten und auch der Name der Stiftung selbst wurde, wie gesagt, 1934 »beschnitten«. Ganz aufgehört zu existiereren hat sie jedoch nie, nicht mal nach dem Krieg, als sich ein Teil in Ost- und der andere Teil in Westdeutschland befand. 
Die wiedergefunden Dokumente, Satzungen und Korrespondenzen belegen den wechselvollen Werdegang der Stiftung, die eng mit der deutsch-jüdischen Geschichte verbunden ist, mit jüdischem Mäzenatentum und deutschem Ariertum, Satzungsänderungen, bürokratischen Hürden und Wiedervereinigungskapriolen. 

Näheres in: Grözinger, Karl E. (Hg.): »Die Stiftungen der preußisch-jüdischen Hofjuweliersfamilie Ephraim und ihre Spuren in der Gegenwart«, Verlag Harrassowitz 

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