Musikalischer Chemiker

alexander borodin, *12. november 1833, ist uns heute allen als komponist bekannt. zu seiner zeit war er jedoch auch einer der wichtigsten chemiker und förderer von frauen in der medizin

borodin wurde in st. petersburg als unehelicher sohn eines georgischen adligen geboren. als junge reichten seine talente von musik über sprachen bis hin zur chemie, für die er sich schon als 13jähriger ein kleines labor zu hause einrichtete. er studierte medizin und promovierte 1858 über die ähnlichkeit von arsen und phosphorsäure. 1864 wurde er zum professor für chemie an die medizinisch-chirurgische akademie berufen. 1868 war er einer der gründer der russischen chemischen gesellschaft. vor allem aber forschte er und publizierte 42 wichtige wissenschaftliche arbeiten. borodin war der erste, der das cholesterin mit herzerkrankungen in verbindung brachte, war der, der die labortechnik zur verbindung von fluor- mit kohlenstoffatomen und labormethoden zur analytischen harnstoffbestimmung entwickelt hat, der die sog. aldol-addition entdeckt hat, der das buchara-opium und die wirkung von bestimmten ölen bei der desinfektion untersucht hat usw. usw. 

1872 richtete alexander borodin mit kollegen den ersten medizinischen kurs für frauen in russland an der medizinisch-chirurgischen akademie ein. er begann als kurs in geburtshilfe, wurde aber bald zu einem kurs der höheren medizinischen ausbildung für frauen, für den borodin viel zeit aufwendete und in dem er auch selbst chemie unterrichtete. zur zeit des relativ liberalen zukunftsorientierten zaren alexander II blühte die medizinische frauenhochschule auf. nachdem der 1881 einem attentat zum opfer gefallen war, und der reaktionäre alexander III den thron bestiegen hatte, wurde die akademie in militärmedizinische akademie umbenannt und das kriegsministerium untersagte die nutzung der räume für die frauenkurse. in den nächsten drei jahren konnte borodin den medizinkurs unter dem dach des bildungsministeriums umstrukturieren und weiterführen, doch schließlich wurde er von den behörden geschlossen, woraufhin borodin in tränen ausgebrochen sein soll. die medizinische frauenbildung in russland war jedoch nicht mehr aufzuhalten.

in dieser aufwühlenden zeit, in der borodin zwischen schulbehörden, klavier, vorlesungen und labor hin und her eilte, arbeitete er auch an seiner oper „fürst igor“ und den polowetzer tänzen, die ihn in der musikwelt berühmt machen sollten, auch wenn der letzte schliff von rimski-korsakow stammt. am 26. februar 1887 war borodin nach seiner arbeit am klavier ins labor gestürmt und hatte euphorisch verkündet, er habe das gefühl, sein igor-finale sei nun fertig und ihm besonders gut gelungen. leider hatte er es nur im kopf und nicht aufgeschrieben. am nächsten tag besuchte er einen kostümball. er kam in einem roten russischen folklorehemd und einer blauen bauernhose und amüsierte sich prächtig. doch dann brach er plötzlich zusammen und starb (an einer hirnblutung), obwohl dutzende ärzte der akademie und medizinprofessoren anwesend waren. ein augenzeuge: „da lag er auf dem boden und wir, wir standen alle in unseren clownskostümen um ihn herum und fürchteten uns, einander zuzugeben, dass dies das ende war.“

bild: borodin, 1888 von Ilja repin gemalt

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