erster fernsehauftritt: 22. november 1959, 18.54 uhr
„sandmann, lieber sandmann, es ist noch nicht noch nicht so weit! wir senden erst den abendgruß, eh‘ jedes kind in bettchen muß, du hast gewiß noch zeit…“
zeit hatten sie damals nicht, als der sandmann von heute auf morgen ins ddr-fernsehprogramm gehievt wurde, um den „abendgruß“ an die kinder mit seinem auftritt zu umrahmen. denn die leute vom ddr-fernsehen hatten erst drei wochen vorher durch eine programmvorschau mitbekommen, dass der west-berliner sender freies berlin am 1. dezember mit einem „sandmännchens gruß für kinder“ auf sendung gehen wollte. der stellvertretende intendant des „deutschen fernsehfunks“, walter heynowski, später ein bekannter dokumentarfilmer, teilte am 4. november der abteilung kinderfernsehen per hausmitteilung mit, dass der sfb mit seinem sandmännchen den dff-abendgruss „kontern“ wolle, man „die gegnerische absicht, uns zuschauer abzunehmen“ nicht unterschätzen dürfe und da ein „sandmännchen die titelfigur und der rahmen der gegnerischen sendung“ sei, es zu handeln gelte…
das ddr-fernsehen mobilisierte also alle kräfte, um dem westen sandmännchenmäßig zuvorzukommen und in gerade mal zwei wochen stand das gegenprogramm: gerhard behrendt hatte sich den sandmann-ost ausgedacht und ihn mit aufwendiger trickfilmtechnik im studio adlershof zum leben erweckt, walter krumbach hatte den liedtext geliefert und wolfgang richter an einem einzigen abend die melodie dazu komponiert. in abgrenzung zum westen wurde das endergebnis „unser sandmännchen“ genannt und ging mit einem vorsprung von neun tagen auf sendung.
der rest ist geschichte. der sandmann ost erlangte kultstatus und das konzept hielt sich über jahrzehnte, nur sandmännchen selbst wurde noch ein bißchen aufgehübscht, seine mütze wurde zipfliger, der kopf glatter, die augen „knopfiger“ und der bart schmaler und spitzer – so wie es heute noch aussieht.
die einigermaßen ideologiefreien sandmann-episoden waren für die ddr auch prima devisenbringer, sie wurden u.a. nach dänemark, griechenland, ägypten und syrien exportiert. neben willi schwabes „rumpelkammer“ mit den alten ufa-film-ausschnitten war das sandmännchen einer der wenigen gründe, warum westler ab und zu auf das ddr-fernsehen umschalteten (umgekehrt war in der ddr, um herauszufinden, ob zuhause west- oder orst-fernsehen geguckt wurde, eine beliebte fangfrage von lehrern oder erziehern an die kinder, wie denn das sandmännchen aussehe und wann genau es im fernsehen auftrete).
aber selbst wenn sandmann ost auch mal die grenztruppen, eine lpg oder ein pionierlager besuchte (dafür durfte es anders als die ddr-bürger ab und zu in den westen, etwa zu den sieben schwaben oder den bremer stadtmusikanten), war es mit seinem freundlichen wesen, seinen ständig wechselnden fahrzeugen und umgebungen einfach viel cooler als das etwas dröge west-männchen.
witziger weise waren auch die macher*innen der west-sendung, die zwar schon im sommer 59 abgedreht war, ihre fernsehpremiere, wie gesagt, aber planmäßig erst am 1. dezember hatte („nun, liebe kinder, gebt fein acht, ich hab‘ euch etwas mitgebracht“), ehemalige ddr-ler. die erste, etwas gruslig wirkende puppe hatte ilse obrig entworfen, die spätere der – wie sie aus der ddr abgehauene – herbert k. schulz, ein ex-kollege des ost-sandmann-bauers behrendt. und auch helga mauersberger, die redakteuirn der produktion, und rosemarie küssner, die animateurin der puppe, kamen aus der ddr. geholfen hat es nicht. die mit deutlich mehr aufwand und liebe zum detail produzierte ddr-sendung blieb der renner. 1989 wurde der west-sandmann in den ruhestand geschickt, während der ost-sandmann immer noch die kinder ins bett bringt, heutzutage im mdr, rbb und im kinderkanal.
„kinder, liebe kinder, das hat mir spaß gemacht. nun schnell ins bett und schlaft recht schön, dann darf auch ich zur ruhe gehn.

