„Herr Maschine“

julien offray de la mettrie 

* 23. november 1709 – der französische arzt, sozialreformer und philosoph war ein origineller denker, radikalaufklärer und – von frömmlern und intellektuellen verleumdet und verlacht – seiner zeit weit voraus…

etliche seiner essays waren in frankreich bereits verboten oder verbrannt worden, als er 1748 in holland seine kampfschrift „l’homme machine“ verfasste, die nun in ganz europa für empörung sorgte. la mettrie erklärte darin, dass alles am menschen materie sei und diese das prinzip der bewegung in sich trage. eine immaterielle, unsterbliche seele existiere nicht und eines gottes bedürfe es nicht. jegliches philosophieren über seine existenz sei nutzlos und langweiliges geschwätz; allein die naturgesetze hätten gültigkeit. anstelle der theologen sollten ärzte treten, denn aussagen über den menschen könne man nur durch naturwissenschaftliche beobachtungen gewinnen, nicht durch spekulation. mensch und tier seien ähnlich gebaute maschinen („der mensch ist aus keinem wertvolleren lehm geknetet; die natur hat ein und denselben teig verwendet, bei dem sie lediglich die hefezusätze verändert hat“). und aufgrund der individuellen mischung der zutaten sei jeder mensch einzigartig. die körperlichen vorgänge wirkten auf seine seelische empfindungen; nahrung, klima, das gesellschaftliche umfeld und die erziehung prägten ihn und vor allem die sprache unterscheide ihm vom tier; insofern sei er eine „erleuchtete maschine“. usw. usw.

selbst diderot und voltaire gingen la mettries ideen zu weit – sie störten sich an seinem offenen atheismus, seiner lust an der provokation, dem ironischen schreibstil, in dem er sich über seine kollegen lustig machte, und an den beispielen, mit denen er seine theorien untermauerte – von schlafstörungen, über die syphilis bis zu potenzproblemen.
nach dem erscheinen von „der mensch als maschine“ musste la mettrie auch aus seinem bisherigen holländischen exil fliehen. er landete am hof friedrich des großen, der ihm asyl angeboten hatte. friedrich II. ließ ihn in die akademie der wissenschaften aufnehmen und beschäftigte ihn als hofarzt und vorleser. doch auch hier galt er als enfant terrible, und wurde – wenn auch sanfter – zensiert und beschnitten. zudem brachte voltaire, zu dieser zeit ebenfalls in potsdam, in umlauf, die schriften seines landsmannes seien höchst gefährlich, er sei „fou“, nicht zurechnungsfähig und würde außerdem meist im suff schreiben.
„herr maschine“, wie man la mettrie inzwischen spöttisch nannte, gab indes bei friedrich den possenreißer und hofnarren, obwohl oder weil er unter seiner außenseiterrolle litt, aber sich und seine ideen nicht verleugnen wollte und konnte.  la mettries abgang entsprach seinem leben. wenn man den gerüchten glauben darf. denen nach starb er am 11.11.1751 mit 42 jahren nach einem dinner in sanssouci, infolge des verzehrs einer riesigen, möglicherweise verdorbenen (oder gar vergifteten) fasanenpastete und eines aderlasses, den er sich, nachdem ihm schrecklich übel geworden war, selbst verpasst hatte. die leute erinnerten sich bald nur noch an diesen „pastetentod“ und friedrich II. spöttelte in einem brief an seine schwester, die markgräfin von bayreuth: „er war lustig, ein guter teufel, ein guter arzt, aber ein sehr schlechter autor. wer seine bücher nicht gelesen hat, kann sich sehr glücklich schätzen«. julien offray de la mettries schriften fanden erst sehr viel später die beachtung, die ihnen gebührt.

„der mensch als maschine“ kann man in deutscher übersetzung online lesen: projekt-gutenberg.org/lamettri/menmasch/chap02.html

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