30. november 1903: die dichterin else lasker-schüler heiratet den avantgarde-verleger georg lewin – „ich lehne, seitdem ich ihn kenne, oft an schwarz angestrichenen wänden der häuser und werde süß“ (und verpasst ihm seinen künstlernamen herwarth walden)
Weltende
Es ist ein Weinen in der Welt,
Als ob der liebe Gott gestorben wär,
Und der bleierne Schatten, der niederfällt,
lastet grabeschwer. Komm, wir wollen uns näher verbergen …
Das Leben liegt in aller Herzen
Wie in Särgen.
Du! wir wollen uns tief küssen –
Es pocht eine Sehnsucht an die Welt,
An der wir sterben müssen.
*„weltende“ erschien zwischen lasker-schülers scheidung von bertold lasker im märz und ihrer heirat mit lewin-walden im november zum ersten mal. 1905, in ihrem zweiten gedichtband, ließ sie vor das gedicht seinen namen (für) „herwarth walden“ setzen. 1917, fünf jahre nach der scheidung von ihm (siehe ihren schrägen briefroman „mein herz“), nahm sie es erneut in einen sammelband ihrer gedichte auf, nun aber statt mit walden-widmung mit: „(h. w. wilhelm von kevlaar zur erinnerung an viele jahre“). gemeint ist nicht etwa einer ihrer lover, sondern der von ihr hochverehrte heinrich heine und der wilhelm aus seiner ballade „die wallfahrt nach kevalaar“.
foto: „von berliner stammtischen. die „modernen« an ihrem stammtisch in einem café des westens“ (in: der weltspiegel. illustrierte halbwochen-chronik des berliner tageblatts, 21. mai 1901). lasker-schüler und lewin-walden sind die beiden am tisch rechts.

