Stollenkrieg und Buttergeld


das weihnachtliche hefegebäck, das wir mit viel butter, rosinen, zitronat und/oder mandeln kennen, wird je nach gegend „striezel“ oder wegen der wulstigen form „stollen“ genannt und soll nach einigen quellen wegen seiner form an das in windeln gewickelte jesuskind erinnern.

am sächsischen hof wurden stollen zu weihnachten nachweislich erstmals 1428 gebacken. mit dem gebäck, das wir kennen, hatten die aber noch wenig zu tun. die zutaten bestanden nur aus mehl, hefe, (rüben-)öl und wasser. weil die römisch-katholische kirche ihren schäfchen in der adventsfastenzeit den verzehr von butter, milch und süßen beigaben verbot.

die kurfürsten ernst von sachsen und albrecht III. baten 1450 papst nikolaus V. darum die fastenbackvorschriften zu lockern. das tat aber erst einer seiner nachfolger, innocenz VIII, 1491, und im gegenzug hatten die bäcker ein „buttergeld” zu zahlen.

um etwa 1500 wurden diese „christbrote uff weihnachten“ dann auch schon auf dem dresdner striezelmarkt verkauft (zwischendurch kam es hier noch zu einem „stollenkrieg“, weil die dresdner bäcker ihre pfründe durch lieferungen aus anderen stollenhochburgen wie siebenlehn, meißen und naumburg gefährdet sahen – bis ihnen 1648 vorm kurfürsten das monopol auf den weihnachtsverkauf in dresden erteilt wurde). schon ab 1560 mussten die bäcker ihrem landesfürsten an jedem zweiten weihnachtsfeiertag zwei anderthalb meter lange, 36 pfund schwere stollen backen, eine abgabe, die erst 1918 mit dem untergang der monarchie endete. 

den gigantischsten stollen aber bestellte sich 1730 august der starke bei der dresdner bäckerzunft, ein ereignis, das heutzutage im dezember mit einem „stollenfest“ auf dem dresdner striezelmarkt gefeiert wird, wenn auch das historische vorbild im juni gebacken wurde. anlass für die stollen-bestellung war das sogenannt „zeithainer lustlager“, eine grandiose truppenschau august des starken, die vier wochen dauerte und an der zwischen zwanzig und dreißigtausend gäste teilnahmen. denen wurden dragonermanöver, gottesdienste, bälle, lanzenwerfen, pfeilschießen, bankette, opernaufführungen, manöver und am 24. juni ein riesiges, fünf stunden dauerndes feuerwerk geboten.

zwei tage später schloss sich all diesen verschwenderischen schauspielen (bezahlt wurden sie natürlich von der bevölkerung) ein großes gastmahl für die gesamte armee an. gespeist wurde auf freiem feld in elbnähe an langen tafeln. jeder soldat erhielt einen holzteller, brot, wein und rinderbraten, für den 80 ochsen geschlachtet worden waren. als nachtessen sollte es den striezel geben. und dafür hatte der dresdner bäckermeister zacharias mit 60 gehilfen 18 scheffel weißmehl, eine halbe tonne hefe, 1 tonne butter, 326 kannen milch, 3600 eier und 3 pfund muskatblüten zusammengerührt. und hofbaumeister pöppelmann hatte in dem logistisch ideal direkt an der elbe gelegenen kleinen ort moritz bei riesa ein überdimensionales backhaus errichten lassen. das war auch nötig. denn der stollen war 18 ellen lang (1 kursächsische elle = 0,566 meter) und 8 ellen breit. mit einer extra dafür gebauten vorrichtung – ein schieber aus 57 brettern, der auf walzen lag – wurde der striezel mit zwei ketten und einem tau in den ofen geschoben und wieder herausgezogen. am 25. juni 1730 wurde das riesending auf einem wagen mit gerüst von acht vorgespannten pferden in das königliche hauptquartier bei radewitz transportiert (abbildung: kupferstich von elias baeck 1730) und am tag darauf mit einem eigens dafür geschmiedeten 1,60-langen stollenmesser geschnitten und verteilt.

geschmeckt hat er wahrscheinlich trotzdem nicht; die süßen sachen kamen erster später in die rezeptur:)

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