Volkskaffee

am 17. januar 1886 eröffnete der „verein zur errichtung von volks-kaffee- und speisehäusern“ in der berliner brückenstraße 5a sein erstes kaffeehaus. die gemeinnützige initiative wollte, dass „eine möglichst große zahl unbemittelter, und zwar männer und frauen getrennt, kaffee mit zubrot für ein billigstes erhalten und verzehren könne.“
das war ein novum. erstmals hatten auch sozialschwächere die möglichkeit, für wenig geld zu einer mahlzeit oder einem kaffee zu kommen – und dies bald auch in einer stilvollen umgebung.
denn aus dem verein wurde die „volks-kaffee und speise-hallen ag« und die beauftragte 1890 den jungen architekten alfred messel (der u.a. für das kaufhaus wertheim berühmt werden sollte) in der neuen schönhauser straße 13 und in der chausseestraße 105 zwei volkskaffeehäuser zu entwerfen. messel erbaute beide gebäude im stil der neo-renaissance mit balkonen, säulen, großzügigen treppenaufgängen und großen bogenfenstern. denn auch das einfache volk sollte sich wohlfühlen und den kaffee zu seinen brötchen in einem vornehmen ambiente verzehren können.  finanzieren sollten sich die volkskaffeehäuser über die zu vermietenden repräsentativen wohn- und geschäftsräume in den oberen etagen der häuser. fünf große räume in der neuen schönhauser 13 hatte so von 1893 bis 1902 die „deutsche gesellschaft für ethische kultur“ für die „erste öffentliche lesehalle zu berlin“ angemietet, die schon im ersten jahr von über 50.000 lesehungrigen besucht und von der jüdischen buchhändlertochter bona peiser eingerichtet und geleitet wurde; bona peiser, die zugleich erste hauptberufliche und bezahlte bibliothekarin deutschlands, zog mit der stetig wachsenden bibliothek noch zweimal um und leitete sie bis zu ihrem tod 1929.
die volkskaffeehaus-bewegung dauerte leider nicht so lange an. in folge der fokussierung auf die kriegsproduktion und der zunehmenden verelendung musste die gesellschaft nach dem ersten weltkrieg konkurs anmelden.

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