Anton Kuh (12.7.1890 Wien – 18.1.1941 New York) – von den Nazis ins Exil getriebener jüdischer Feuilletonist, Satiriker, Kaffeehausoriginal, Bon vivant, Provokateur und selbst ernannter „Linksler“ mit scharfem Verstand und ätzender Zunge
Wenn einer Kuh heißt und ernst genommen werden will, muß er so tun, als wäre er ein Stier.
Was ist ein Kaffeehausliterat? Ein Mensch, der Zeit hat, im Kaffeehaus über das nachzudenken, was die anderen draußen nicht erleben.
Was sind Standpunkte? Die Waffen des feigen Hamsters, der sich erst in seinem Unterschlupf einen Vorrat von Argumenten gesammelt hat, eh‘ er sich ans Licht der Kontroversen traut.
Was ist Melancholie? Heimweh nach sich selbst.
Was ist Bureaukratie? Eine Regelung der einzelnen Inkompetenzen im Sinne der allgemeinen Verantwortung.
Was ist ein Kollektiv? Eine Häufung von Nullen, die auf den Individualismus verzichtet haben, aber auf Namensnennung Wert legen.
Was ist Unsittlichkeit? Was sich das schlechte Gewissen zu einem natürlichen Vorgang ausdenkt.
Das Unglück der Deutschen: Sie glauben, daß das Wort Erotik von Erröten kommt.
Sie wissen nicht, wo Gott wohnt, aber sie haben ihn alle schon interviewt.
Dem Plebejer ist die Ansichtskarte wichtiger als die Landschaft.
Ursache eines Eisenbahnzusammenstoßes: Die Züge hatten ihre fahrplanmäßige Verspätung nicht eingehalten.
Es gibt Druckfehler der Weltgeschichte, die sich hartnäckig als Wirklichkeit behaupten.
Kürzeste Formel für Hysterie: Inkongruenz mit sich selber.
Faschismus: der Militarismus der Zivilisten.
Wie sich der kleine Moritz die Weltgeschichte vorstellt – genau so ist sie.
Nur nicht gleich sachlich werden! Es geht ja auch persönlich.
Ein gutes Gewissen ist oft nur die Kehrseite eines schlechten Gedächtnisses.
Neugier ist die gespannte Angst, dass es Wunder geben könnte.
Eifersucht ist eine Leidenschaft, die das Leiden sucht, das neuen Eifer schafft.
Fausts Ideal: sich vom Gretchen die Strümpfe stopfen lassen und mit der Helena über Goethe reden.
Oh Faust! – Theologie, Juristerei, Medizin und leider auch Philosophie studiert habendes Urbild des Bürgers, dessen Liebe Zerstörung ist und dessen Werk der Katzenjammer! Der gebrochene Seelen braucht, um seinen Kanal zu bauen!
Ich könnte mir denken, daß die Geschichtsschreibung alle gewesenen Epochen der Menschheit, von der Urzeit bis zur Gegenwart, dereinst als das Zeitalter des Infantilismus zusammenfaßt.
Der Autodidakt haßt das Komplizierte, wie der Plebejer das Monocle. Scheinbar als das Überflüssige. In Wirklichkeit als das Unerreichbare.
Ich teile die Literatur ein in Tisch und Nebentisch. Am Tisch wird erlebt, was der Nebentisch, sich aneignend, desavouiert.
Das sogenannte »Kosmische« der Deutschen ist eine Fortsetzung ihres Subordinationsbedürfnisses im Jenseits.
Die Wenigsten wissen, daß auch das Nichtschreiben die Frucht langer und mühseliger Arbeit ist.
Wenn dich ein Autor als Mensch enttäuscht, hast du sein Werk überschätzt.

