Bis heute wurden 27363 Menschen aus 51 Ländern (darunter 628 aus Deutschland, 112 aus Österreich), die in der NS-Zeit jüdischen Verfolgte geholfen haben, von Yad Vashem als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt. Einige weniger bekannte Gerettete und ihre Schutzengel:

Gertruda Babilinska war Kindermädchen bei der jüdischen Familie Stołowicki in Warschau. Als die Deutschen Polen überfielen, blieb sie bei Lidia und ihrem Sohn Michał (seine kleine Schwater war gestorben und der Vater in Frankreich verschollen) und floh mit ihnen nach Wilna. Kurz bevor die Mutter des kleinen Michał dort starb, versprach Gertrud ihr, auf den Jungen aufzupassen und ihn nach Palästina zu bringen. Es gelang ihr falsche Papiere für den beschnittenen Michał zu besorgen und ihn irgendwie allein durchzubringen die ganzen Jahre. 1947 wollte sie, wie sie es seiner Mutter versprochen hatte, mit Michał auf der „Exodus“ von Frankreich aus nach Palästina. Doch das Schiff wurde von den Briten abgefangen und zurück nach Europa geschickt. Gertruda lebte mit Michael in einem DP-Lager, bis sie 1948 endlich nach Israel auswandern durften. Beide lebten in ärmlichen Verhältnissen in einem Zimmer, aber sie erzog Michał als Juden, obwohl sie selbst bis zu ihrem Ende gläubige Katholikin blieb.

Die albanischen Muslime Vesel und Fatima Veseli und ihr Sohn Refik versteckten Moshe, Ela, Gavra und Irena Mandil aus Jugoslawien zwei Jahre lang in ihrem Bergdorf Kruja – die Eltern in einer Scheune, die Kinder unter ihre eigenen Kinder „gemischt“. Später brachte der zweite Sohn der Veselis, Kemal, eine weitere jüdische Familie aus Tirana – Rushiza, Josef und Finica Ben Josef – zu seinen Eltern, die sie ebenfalls bis zum Ende des Krieges versteckten. Familie Mandil nahm Refik Veseli nach der Befreiung mit nach Novi Sad in Jugoslawien, um ihm eine Fotografenausbildung zu ermöglichen. Beide Familien behielten auch nach der Auswanderung der Mandils nach Israel den Kontakt.

Vater Bruno mit fünf geretteten Kindern (v.ln.r.: Henri Zwierszewski, George Michaelson, Vater Bruno, Willy Michaelson, Henri Fuks, Willy Sandominski). Henri Reynders bzw. Dom Bruno wurde 1942 einem Blindenheim in Hobdomont zugewiesen und bekam schnell mit, dass viele der Mitarbeiter und Bewohner Juden waren, die sich hier versteckten. Mit Hilfe von Albert van den Berg wurden die Kinder schnell in andere Verstecke gebracht. Vater Bruno fuhr auf seinem Fahrrad von Ort zu Ort und kümmerte sich persönlich um alle Details für jede einzelne Flucht und versuchte unermüdlich „Gastgeber“ zu finden. Er brachte einige Kinder auch bei seiner Mutter und seinem Bruder unter und in verschiedenen katholischen Einrichtungen. In seinen Aufzeichnungen, die er nach dem Krieg ergänzte, finden sich 307 „Fälle“, aber man geht davon aus, dass es deutlich mehr waren, denen er geholfen hatte, mit Unterkünften, gefälschten Ausweisen und Taufscheinen, Geld und Lebensmittelkarten.

Ludviga Pukas war in der ukrainischen Stadt Proskurow Hausangestellte bei Frima Sternik, einer jüdischen Lehrerin mit zwei kleinen Kindern, Eldina und Genadi. Als die Deutschen 1941 die Stadt niederbrannten, verbranntn auch die Papiere der Sterniks. Ludvika ließ darauf hin die Kinder von Frima als ihre eigenen registrieren. Frima, die ins Ghetto ziehen musste, versuchte sie bei ihrem Bruder im Nachbardorf unterzubringen, doch Frima wurde auf dem Weg dorthin verhaftet und erschossen. Nach der Liquidierung des Ghettos kam die Polizei in die Wohnung ludvigas, um nach versteckten Juden zu suchen, fand dort eine weitere Jüdin vor (Ludviga überzeugte die Polizei davon, dass sie keine Ahnung gehabt habe, dass sie Jüdin ist), aber nicht die Kinder. Nachdem die Rote Armee 1944 den Ort befreit hatte, änderten die Kinder ihren Namen wieder in Sternik, blieben aber bis zum Abschluss ihres Studiums in den 1950er Jahren bei Ludviga Pukas, die sie bis zu deren Tod 1984 als ihre Mutter betrachteten.

Die Einwohner des französischen Dorfes Le Chambon-sur-Lignon retteten über 5000 Menschen, versteckten sie (die Kinderheime und alle Hotels des Ortes nahmen ohne Fragen und ohne Ausweiskontrolle Gäste auf und gaben bei der Meldung falsche Namen an), besorgten gefälschte Papiere und schleusten Juden über die Grenze in die Schweiz, wo der frühere Bürgermeister des Ortes im Exil lebte und weiterhalf. Organisiert wurden die Hilfsaktionen durch den örtlichen Pastor André Trocmé (auf dem Foto mit nichtjüdischen und jüdischen Schützlingen) und seine Frau Magda. Trocmé und sein Amtskollege Edouard Théis wurden mehrfach verhaftet. Als jüdische Schüler der von den Pastoren gegründeten Schule verhaftet wurden, ging der Direktor der Schule mit ihnen. Er starb in Majdanek. Die Mitarbeiter von Trocmé schlossen sich dem bewaffneten Widerstand an; die Geistlichen, die gewaltsamen Widerstand ablehnten, versteckten sich bis zum Kriegsende an verschiedenen Orten in Südfrankreich.

Hieromonk Daniil Tymchyna war Priester in einem Kloster im Dorf Uniow in der Ukraine. Sein Orden unter Arhcimandrite Klement Sheptytskyi hatte bereits fünf Juden in dem Dorf versteckt und übergab Hieromonk, der dort ein Waisenhaus leitete, drei weitere jüdische Jungs aus Polen in obhut. Der Priester gab ihnen ukrainische Namen, taufte sie pro forma und achtete darauf, dass sie zb. nicht mit den anderen Kindern zusammen duschten. Nach der Befreiung des Gebietes wurden alle katholischen Geistlichen von Stalins Schergen verhaftet, Hieromonk Daniil wurde zu zehn Jahren Zwangsarbeit in Sibirien verurteilt. Die Eltern der geretteten Kinder überlebten den Krieg nicht; zwei der Jungen, Oded Amarant und Leon Chameides, wanderten nach israel und in die USA aus, der dritte, Adam Daniel Rotfeld, blieb in Polen, 2005 war er polnischer Außenminister.

Eugen, Maria und Fernande Vandenberghen hatten ein großes Spirituosengeschäft in Brüssel. Sie waren mit einem jüdischen Ehepaar aus Polen, den Hellers, befreundet, die nebenan einen kleinen Wäscheladen betrieben. Jacques, der einzige Sohn der Hellers, wurde 1939 geboren. Als die Deutschen Belgien besetzten, fand ein Widerstandsnetzwerk ein Versteck für Jacques Eltern außerhalb von Brüssel und die Vanderberghens nahmen Jacques auf. Ihre unverheiratete Tochter Fernande kümmerte sich um ihn und gab ihn als ihr eigenes Kind aus. Einige Nachbarn glaubten die Geschichte, andere nicht. Eines Nachts stand die Gestapo vor der Tür, fand den Jungen aber nicht. Da die Familie offensichtlich denunziert worden war, konnte der Kleine nicht mehr bei ihr bleiben, aber es gelang den Vandenberghens ihn bis zum Kriegsende bei Bauern auf dem Land unterzubringen. Beide Familien hielten lebenslangen Kontakt.

Zofia Bania. Die arme polnische Bäuerin versteckte, zunächst gegen den Willen ihres Mannes, ab 1942 das Ehepaar Israel und Frania Rubinek aus Pinczow, in dessen kleinen Laden sie zuvor Kundin gewesen war, und wo sie häufig Lebensmittel umsonst bekommen hatte, wenn sie nicht zahlen konnte. Mit der Zeit erwärmte sich auch Zofias Mann für die Versteckten auf dem Heuboden und schaffte sogar einen Wachhund an, der vor Fremden warnen sollte. Tatsächlich rettete der Hund die Familie, als sich Wehrmachtssoldaten dem Haus näherten. Die Rubineks versteckten sich im Keller, und Zofia schob geistesgegenwärtig das Bett ihres Sohnes über die Kellerluke. Die Rubineks blieben bis zum Kriegsende auf dem Hof der Banias und wanderten später nach Kanada aus.

Ida Lenti mit den drei von ihr geretteten Kindern Allessandro, Fiorenza und Lisetta und Soldaten der jüdischen Brigaden, Venedig 1945. Yuzzi Galambos war ein ungarische Tänzerin, die es mit ihren Kindern verfolgungsbedingt nach Italien verschlagen hatte. Sie lebte auf einem abgelegenen Bauernhof in der Toskana, versuchte sich als Übersetzerin über Wasser zu halten und hatte die 15-jährige Ida Brunelli (Lenti) als Babysitterin angestellt, ohne ihr zu sagen, dass sie Juden war. Nachdem die Deutschen Italien besetzt hatten, wurde Yuzzi krank und starb an Angina pectoris. Auf dem Sterbebett hatte sie sich noch als Jüdin geoutet und Ida angefleht, sich um die Kinder zu kümmern, die 9, 12 und 13 Jahre alt waren. Die selbst noch minderjährige Ida nahm das „Erbe“ an. Sie sorgte zunächst allein und ohne jede Mittel für sie. In ihrer Verzweifelung brachte sie sie später zu ihrer Mutter nach Norditalien und behauptete, die Kinder seien ungarische Flüchtlinge. Ida war nicht in der Lage, längerfristig ganz allein für die Kinder zu sorgen und weihte den Bürgermeister in ihr Geheimnis ein. Der brachte die Kinder in verschiedenen christlichen Einrichtungen in der nähe von Padua unter, wo Ida sie als „Vormund“ ständig besuchte. Nach der Befreiung nahm sie kontakt zu Soldaten der jüdischen Brigade auf, die in ganz Italien nach versteckten jüdischen Waisen suchten. Als sie sicher sein konnte, dass die Kinder in gute Hände kommen, übergab Ida sie der Brigade. Ida lebte sehr bescheiden, heiratete spät und hatte keine eigenen Kinder. Sie starb 2008.

Joseph Migneret war Leiter einer Grundschule in Marais, dem jüdischen Viertel von Paris. Nachdem er die große Judenrazzia am 16./17. Juli 1942 miterlebt hatte, beschloss er, so viele Juden wie möglich zu retten, schloss sich einer Widerstandsgruppe an und begann, Juden auf der Flucht mit gefälschten Ausweisen und Unterschlupf zu versorgen. Mit seinen falschen Papieren konnte viele den Süden Frankreichs erreichen. Sarah Traube, die Mignerets Schule besucht hatte, hielt sich an die zwei Jahre bei ihm zu hause versteckt auf und Shlomo Fischer, ein anderer seiner Schüler, versteckte er so lange, bis ein sicherer Ort für ihn gefunden wurde.
