Kongo, 29. Juni 1960

29. juni 1960: ein kongolese klaut dem belgischen königs baudouin den degen aus der fahrenden limousine.
der zufallstreffer des fotografen robert lebeck geht um die welt und wird zum sinnbild der entkolonisierung und zeitenwende in afrika. 

1960 war das jahr, in dem die europäischen mächte ihre letzten kolonien in die unabhängigkeit entließen. lebeck war als fotograf für das hamburger magazin „kristall« in afrika unterwegs. den eigentlichen fototermin, die begrüßung des belgischen königs durch den kongolesischen staatspräsidenten joseph kasavubu am flughafen in léopoldville hatte der deutsche verpasst, weil er sich noch ein dessert in einem belgischen restaurant gegönnt hatte; und auch hier nun hastete er dem konvoi hinterher, statt wie alle anderen fotografen davor her zu laufen. zu seinem glück. der elegant gekleidete junge mann, der sich baudouins ehrendegen vom rücksitz des offenen wagens geschnappt hatte, lief genau auf ihn und seine kamera zu. klick!

der degendieb, höchstwahrscheinlich ein mann namens ambroise boimbo, der die waffe noch triumphierend über seinem kopf kreisen ließ, bevor man ihn verhaftete, wurde einem psychiater vorgestellt, der ihn für für psychisch krank erklärte, auf befehl des königs, der den diebstahl zunächst gar nicht mitbekommen hatte, aber noch am selben tag freigelassen. 

für baudouin war es nicht die letzte peinlichkeit des tages. als er den neuen parlamentssaal betrat, riefen die belgier: „vive le roi!“, und die kongolesischen abgeordneten riefen „vive kasavubu!“ zurück. der könig versuchte es mit einem neutraleren „möge gott den kongo beschützen!“, bevor er formell dessen unabhängigkeit erklärte. patrice lumumba, der neue ministerpräsident, hielt jedoch dann eine rede, die ein affront für die scheidenden belgischen herrscher war. „die sklaverei wurde uns mit gewalt aufgezwungen!“ und „wir erinnern uns an die schläge, die wir morgens, mittags und abends aushalten mussten, weil wir n*ger waren!…“ der könig war schwer beleidigt und wollte auf der stelle nach brüssel zurück, wurde jedoch von seinen ministern aufgehalten, und verließ den kongo am abend, kurz bevor um mitternacht die unabhängigkeit des landes offiziell wurde.

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