Ein Pascha names Isaak

heute vor 131 jahren schnitten sklavenhändler emin pascha die kehle durch. emin who?

nu ja, eigentlich hieß er isaak schnitzer und war der 1840 in oppeln geborene sohn des jüdischen kaufmanns louis jehud loeb schnitzer aus neiße und der bankierstochter pauline schweitzer. die ließ isaak, nachdem sein vater verstorben war, auf die namen eduard karl oskar theodor taufen. er studierte dann medizin in breslau und königsberg und promovierte in berlin. als ihm in preussen die zulassung zum staatsexamen verweigert wurde, ging schnitzer nach albanien, wurde hafen- und distriktsarzt und folgte 1871 dem gouverneur ismail pascha als hausarzt zuerst nach trabzon und erzurum und später ins exil. nach dem tod des paschas kehrte schnitzer, der sich inzwischen hairullah hakim nannte, mit dessen witwe 1873 zurück nach neiße, hatte sich aber die orientalischen sitten und gebräuche so angeeignet, dass er dort wie ein wundertier angesehen und verspottet wurde, nicht fuß fassen konnte und nach ägypten weiter zog.
dort wurde schnitzer als „mehmed emin efendi“ zum chefarzt des gouverneurs ernannt, konvertierte wahrscheinlich auch zum islam, und unternahm mehrere nil-expeditionen. die osmanisch-ägyptische regierung beförderte dr. schnitzer bald zum „bey“, dann zum „pascha“ und ernannte ihn 1878 zum gouverneur ihrer äquatorialprovinz. pascha schnitzer, der weiter zu forschungszwecken in unbekannten gebieten herumreiste, setzte sich gegen die dort verbreitete sklaverei ein. er sammelte die durch die flucht vor sklavenjägern zerstreuten bewohner in neuen siedlungen, vermehrte den viehbestand, führte neue kulturpflanzen ein und baute das straßensystem aus, so dass die ehemals hoch verschuldete provinz sogar gewinne abwarf.

der aufstand des fundamentalisten muhammad ahmad „al-mahdi“ 1885 gegen die turko-ägyptischen besatzer des sudan, die ermordung des gouverneurs durch sklavenhändler und die räumung fast aller stationen der europäer schnitten emin pascha schnitzer dann aber von jeder verbindung mit der außenwelt ab. in europa galt er den einen als tot, den anderen als verschollen und letztere organisierten diverse expeditionen zu seiner rettung – während er in seinem gebiet putzmunter weiter forschungsreisen unternahm und sklavenhändler bekämpfte. bis ihn schließlich das glück verließ und er bei einer neuerlichen expedition in die gebiete um den viktoria-see am 23. oktober 1892 in kinena, einem handelsposten in uganda, nachts in seinem zelt von arabischen sklavenhändlern gemeuchelt wurde.

emin pascha hinterließ eine 8-jährige tochter – ferida – aus seiner ehe mit einer abessinierin, die aber schon drei jahre nach der heirat gestorben war. er hatte das mädchen auf seinen reisen meist bei sich gehabt und da sie nun vollwaise war, wurde sie nach deutschland gebracht und von seiner schwester in neiße aufgezogen; ferida starb mit 38 jahren 1923 in berlin. in einem prozess um schnitzers nachlass tauchte 1897 noch eine zweite tochter – pauline – auf, aus einer liaison schnitzers mit einer emilie leitschaft, die sich emine leyla nannte und angeblich ebenfalls mit schnitzer verheiratet war. diese pauline heiratete später einen türken namens emiroğlu, änderte ihren vornamen in fatma zehra und starb erst 1965 in istanbul.

die figur des emin pascha selbst wurde in zig abenteuerromanen verwurstet, unter anderem in henryk sienkiewiczs „durch wüste und wildnis“ und karl mays „die sklavenkarawane“. doch eigentlich war der jüdische pascha aus oberschlesien dank seiner unermüdlichen geographischen, ethnologischen, sprachwissenschaftlichen und ornithologischen forschungen vor allem ein pionier der erforschung inner-afrikas (die straße, die man schnitzer zu ehren in seiner geburtstadt nach ihm benannt hatte, wurde von den nazis 1933 prompt wieder umbenannt). in dem tagebuch, dass schnitzer bei sich hatte, als er getötet wurde und das ein jahr nach seinem tod im kongo aufgefunden wurde, lautet einer der letzten einträge: „habe endlich eine rote maus gefangen… 25 frische vogelarten gesammelt.“

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