Schneewittchen und die Stimmen der Toten


die deutschen bekamen „schneewittchen und die sieben zwerge“, disneys ersten abendfüllenden film, erst ab 24. oktober 1950, heute vor 73 jahren und 13 jahre nach der uraufführung, im kino zu sehen. ob sie wußten oder wissen wollten, dass die synchron-stimmen all der niedlichen märchenfiguren menschen gehörten, die ihr „führer“ hatte umbringen lassen oder die emigriert waren? und dass die ober-nazis, den film, den roy disney hitler persönlich vorgestellt hatte, heimlich geliebt haben, während er öffentlich nur 1938 ein paar wochen in prag und zürich zu sehen war und dann bis zum kriegsende verschwand, weil die disneys am ende beschlossen hatten, ihn doch nicht an nazi-deutschland zu verkaufen?

walt disney hatte kurt gerron, einen der besten schauspieler und regisseure seiner zeit, mit der herstellung der deutschen synchronfassung beauftragt. realisiert wurde sie im frühjahr 1938 in amsterdam. neben gerron selbst lebten hier inzwischen viele vor den nazis geflohene jüdische und regimekritische deutsche künstler und gerron konnte zwischen den besten auswählen: als „böse königin« und als „hexe“ engagierte er die charakterdarstellerin dora gerson, als zwerg „brummbär“ den schauspieler kurt lilien und als zwerg „chef“ den komiker otto wallburg; der „deutsche chaplin“ siegfried arno sprach die zwerge „happy“ und „hatschi“, hortense raky war das „schneewittchen“, willy stettner der „prinz« und gerron selbst lieh den zwergen „schlafmütz« und „pimpel“ sowie dem „zauberspiegel“ seine stimme. 

nur drei von ihnen haben das „dritte reich“ überlebt: der „doppelzwerg“ siegfried arno (aron) konnte noch in die usa weiter emigrieren, „schneewittchen“ hortense raky und „prinz“ willy stettner, die beiden in deutschland mit berufsverbot belegten nichtjuden, in die schweiz.

dora gerson, die ihren ex-mann veit harlan nach dem einmarsch der deutschen umsonst angefleht hatte, ihr zu helfen, und die mit ihrem zweiten mann und ihren beiden kindern bei einem fluchtversuch in die schweiz erwischt worden war, wurde mit ihrer familie am 14. februar 1943 in auschwitz ermordet.

der nächste war kurt lilien (lilienthal), der erst ins durchgangslager westerbork verschleppt und am 28. mai 1943 in sobibor vergast wurde.

otto wallburg (wasserzug) konnte sich zunächst verstecken, wurde aber 1944 denunziert, ebenfalls via westerbork nach theresienstadt verschleppt und am 30. oktober 1944 in auschwitz ermordet.

kurt gerron (gerson) und seine frau olga wurden schon 1943 im durchgangslager westerbork festgesetzt, im februar 1944 nach theresienstadt deportiert und nach abschluss der dreharbeiten zu hitlers berüchtigten propagandafilm „der führer schenkt den juden eine stadt“ mit dem letzten transport weiter nach auschwitz, wo sie, am selben tag wie otto wallburg, am 30. oktober 1944, vergast wurden.

1965 und 1994 hat man „snow white and the seven dwarfs“ neu deutsch synchronisiert. die fassung mit den stimmen der ermordeten ist in irgendwelchen archiven verschwunden. (auf youtube findet man noch ausschnitte.)

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