Mary Poppins… in echt


Helen Lynwood Goff aka Pamela Lynwood Travers *9.8.1899, hat das wohl berühmteste Kindermädchen erfunden, aber auch das Leben zweier Kinder (mit)ruiniert

die australierin, deren alkoholkranker irischer vater starb, als sie sieben jahre alt war, versuchte sich erst als schauspielerin und tänzerin, bis sie 1924 nach england zog und dort anfangs hauptsächlich theaterkritiken und lyrik schrieb. doch bald wurden william butler yeats und der russische mystiker george gurdjieff ihre spirituelle gurus und weckten ihr interesse für märchen und mythen. 

1934 erfand travers in ihrem cottage in sussex die nanny mary poppins, deren abenteuer so populär wurden, dass sie bis 1988 (travers starb 1996) sieben fortsetzungen der geschichte schrieb, die weltweit über zehnmillionen mal in zig sprachen verkauft und von walt disney, nachdem er sie endlich überredet hatte, ihm die filmrechte zu überlassen, 1964 so süßlich wie erfolgreich verfilmt wurden.

anders als ihre hauptfigur war travers selbst mehr an esoterik, okkultismus und liebschaften mit männern wie frauen als an kindern interessiert. doch 1939, mit 40 jahren, beschloss sie, „mutter“ zu werden. zunächst wollte sie ihre 17-jährige hausangestellte adoptieren, doch das klappte nicht. dann traf sie in dublin joseph hone, den ersten biografen von yeats, der zusammen mit seiner frau seine sieben enkelkinder aufzog und sie bat, seine jünsten enkel, ein sechs monate altes zwilligspaar, zu adoptieren. travers aber wollte eigentlich nur ein kind und konnte sich nicht entscheiden. sie befragte ihren astrologen und der riet ihr, sie solle nur den jüngeren der beiden nehmen. sie nannte ihn camillus. von seinem zwillingsbruder erfuhr er nichts. nach travers version war sie seine leibliche mutter und sein vater ein verstorbener industriemagnat.

travers kümmerte sich nicht groß um ihren sohn. sie nahm ihn noch 1940 mit in die usa, wo sie bis zum kriegsende blieb und unter anderem zwei sommer bei den navajos, hop und pueblo verbrachte, um deren mythologie und folklore zu studieren. später entwickelte sie sich immer mehr ins esoterische und engagierte sich hauptsächlich für den sektenführer george gurdjieff, den camillus „vater“ nennen musste.

1956, camillus war 17, klopfte plötzlich ein angetrunkener junger man an travers’ haus in chelsea. er verlangte, seinen bruder zu sehen. pamela travers drohte ihm mit der polizei und der junge ging wieder. camillus aber wollte aufklärung von seiner mutter. es kam zum streit, er verließ das haus, machte sich auf die suche und fand seinen bruder in einem pub in der king’s road. er hieß anthony und war von der familie des essayisten hubert butler in irland aufgezogen worden. die zwei redeten, aber außer dem hang zum alkohol verband sie nicht viel. die erkenntnis, getrennte zwillinge zu sein, traf beide jedoch schwer. 

travers versuchte, den kontakt der zwillinge zu unterbinden. daraufhin überwarf sich camillus vollends mit ihr. er war sehr verletzt und hatte lange jahre keinen kontakt zu seiner mutter („i felt betrayed, cheated, it took many many years for me to get over it. i was upset to know that for 17 years i had been told a lie…“). und auch anthony habe immer das gefühl gehabt, verschmäht zu werden und dass ein teil von ihm fehlen würde, erzählte ein freund. 

beide bekamen ihr leben nicht recht in den griff. camillus flog wegen illegaler spielerei von der uni, sass wegen trunkenheit am steuer im gefängnis und bekam nur mindere jobs. später heiratete er und wurde vater dreier kinder. wie sein zwillingsbruder war er zeitlebens schwerer alkoholiker. antony, dessen (geschiedene) frau und tochter die gleichen vornamen trugen wie die frau und die tochter von camillus (!), siechte seine letzten jahre mit kaputter leber in einer sozialwohnung dahin. er starb 2005 und wurde im beisein seines betrunkenen bruders beerdigt, der die kremierung auch bezahlt hatte; camillus starb 2011.

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